Ein schneller Blick in den Rückspiegel, ein kurzes Aufblinken und dann das Überholmanöver. Was in der Fahrschule als gefährlich gilt, wird im Alltag oft unterschätzt – bis es knallt. Überholunfälle gehören zu den heikelsten Situationen im Straßenverkehr. Wenn dabei ein Unfall passiert, geht es häufig nicht nur um Sachschäden, sondern um komplexe Fragen der Haftung. Wer trägt die Verantwortung? Wer muss zahlen? Und was sagt das Gericht?
In diesem Beitrag beleuchten wir einen realen Fall, erklären die juristischen Hintergründe – und zeigen, wie Sie sich im Ernstfall schützen können.
Der Fall: Überholt, geschwenkt, gekracht
Zwei Fahrzeuge auf einer Landstraße. Der Vorausfahrende will links abbiegen, der Hintere setzt zeitgleich zum Überholen an. Es kommt zur Kollision – die Seiten zerkratzt, ein Spiegel abgerissen, ein Fahrer verletzt. Der Fall landet vor dem Landgericht Hagen. Streitpunkt: Wer hatte Vorrang? Wer haftet?
Der überholende Fahrer argumentiert, der Abbiegende habe sich nicht korrekt vergewissert. Der Abbieger wiederum sagt, er habe den Blinker gesetzt, den Gegenverkehr geprüft und mit einem Überholmanöver nicht gerechnet. Das Gericht prüft beide Seiten und urteilt: Haftung zu 60 % beim Abbiegenden, 40 % beim Überholer.
Warum die Rechtslage oft nicht eindeutig ist
Anders als bei einem klassischen Auffahrunfall ist die Schuldfrage bei Überholunfällen oft nicht klar. Der Gesetzgeber erwartet von beiden Seiten erhöhte Vorsicht:
- Wer überholt, muss sicherstellen, dass dies ohne Gefährdung möglich ist.
- Wer abbiegt, muss sich über rückwärtigen Verkehr vergewissern – besonders bei Landstraßen, wo Überholvorgänge häufig sind.
Im Zweifel entscheidet das Gericht anhand der Einzelfallumstände. Blinker, Schulterblick, Fahrgeschwindigkeit und Sichtverhältnisse spielen eine zentrale Rolle. Videoaufnahmen oder Zeugenaussagen können den Ausschlag geben.
Was das Urteil für Autofahrer bedeutet
Das Urteil des Landgerichts Hagen (Az. 1 S 198/21) zeigt: Selbst wenn man den Unfall nicht verursacht hat, kann man eine Teilschuld tragen, wenn man sich nicht an alle Sorgfaltspflichten hält. Besonders bei Linksabbiegemanövern besteht ein hohes Risiko, übersehen zu werden – auch wenn man korrekt blinkt.
Zudem wird oft unterschätzt, wie streng Gerichte Überholmanöver werten. Ein schneller Spurwechsel, auch wenn kein unmittelbarer Gegenverkehr besteht, kann bei fehlender Umsicht als fahrlässig eingestuft werden.
Was tun nach einem Überholunfall?
Gerade bei Uneinigkeit der Beteiligten empfiehlt es sich, frühzeitig Beweise zu sichern und anwaltliche Hilfe in Anspruch zu nehmen:
- Notieren Sie Uhrzeit, Wetter, Sichtverhältnisse
- Fotografieren Sie Schäden und Unfallort
- Sichern Sie Zeugenaussagen – notfalls mit Kontaktdaten
- Sprechen Sie möglichst früh mit einem Anwalt
Denn: Versicherungen prüfen genau, ob und in welchem Umfang eine Mithaftung vorliegt – und reduzieren bei Verdacht auf Fahrlässigkeit die Zahlungen.
Unsere Empfehlung: Nicht warten, sondern absichern
Wenn Sie in einen Überholunfall verwickelt sind – sei es als Überholer oder Abbiegender – zögern Sie nicht. Unsere Kanzlei hilft Ihnen dabei, Ihre Ansprüche zu sichern und eine gerechte Haftungsverteilung durchzusetzen.
Gerade wenn Verletzungen im Spiel sind oder Versicherungen versuchen, Ihnen eine höhere Mitschuld zuzuschieben, lohnt sich die anwaltliche Unterstützung doppelt.
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FAQ – Überholen & Haftung
Wer hat Vorrang: der Abbiegende oder der Überholer?
Grundsätzlich der Abbiegende – aber nur, wenn er sich korrekt vergewissert hat. Überholt wird nur, wenn es gefahrlos möglich ist.
Gibt es immer eine Teilschuld bei solchen Unfällen?
Nein, aber häufig. Die Gerichte prüfen sehr genau, ob beide Seiten ihre Pflichten eingehalten haben.
Was passiert, wenn ich keinen Blinker gesetzt habe?
Dann trifft Sie meist die Hauptschuld – das unterlassene Blinken ist ein schwerer Verkehrsfehler.
Kann die Versicherung Zahlungen kürzen?
Ja, wenn Sie sich grob fahrlässig verhalten haben oder Ihre Mitschuld nachgewiesen werden kann.
Hilft mir ein Anwalt wirklich?
Absolut. Gerade bei komplexen Verkehrsunfällen geht es oft um tausende Euro – ein erfahrener Anwalt hilft Ihnen, Ihre Ansprüche durchzusetzen.