Nebenjob im Pizzaservice: Wann der Anspruch auf Verzugslohn entfällt

Viele Menschen bessern ihr Einkommen mit einem Minijob auf – etwa als Lieferfahrer für einen Pizzaservice. Was harmlos klingt, kann juristisch schnell kompliziert werden. Besonders dann, wenn die tatsächliche Arbeitszeit nicht mit dem Vertrag übereinstimmt oder gesetzliche Grenzen überschreitet.

Ein aktuelles Urteil des Landesarbeitsgerichts (LAG) Berlin-Brandenburg zeigt, wie wichtig klare Regelungen sind – und wie schnell ein Anspruch auf Verzugslohn verloren gehen kann.

Nebenjob beim Pizzaservice – kein Verzugslohn

Der Fall: Minijobber fordert Nachzahlung – und scheitert

Ein Mann war in einem Hauptjob mit 38 Wochenstunden angestellt und übernahm zusätzlich einen Minijob als Pizzalieferant. Im Arbeitsvertrag seines Nebenjobs war keine feste Wochenarbeitszeit vereinbart – die Einsätze sollten sich nach Bedarf richten.

Weil er in der Realität jedoch seltener eingesetzt wurde als erwartet, forderte er im Nachhinein eine Nachzahlung: Für über 300 Stunden, die seiner Ansicht nach hätten geleistet werden müssen. Er berief sich dabei auf § 12 Abs. 1 Satz 3 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (TzBfG), das bei fehlender Vereinbarung eine regelmäßige Wochenarbeitszeit von 20 Stunden vorsieht.

Doch das Gericht stellte sich nicht auf seine Seite.

Die Entscheidung des LAG: Keine Leistung – kein Anspruch

Das LAG Berlin-Brandenburg stellte klar: Da der Kläger bereits 38 Stunden pro Woche in seinem Hauptjob arbeitete, blieb für den Minijob – gesetzlich betrachtet – nur ein Restumfang von maximal 10 weiteren Stunden. Die Grenze liegt bei 48 Stunden pro Woche (§ 3 Arbeitszeitgesetz – ArbZG).

Damit war der Kläger aus Sicht des Gerichts gar nicht mehr leistungsfähig im Sinne des Annahmeverzugsrechts. Der Anspruch auf Verzugslohn entfiel – ganz unabhängig davon, ob ein fiktiver Arbeitsumfang von 20 Stunden vorstellbar gewesen wäre.

Das Urteil ist ein deutliches Signal: Wer mehrere Arbeitsverhältnisse kombiniert, muss die gesetzlichen Arbeitszeitgrenzen einhalten – sonst verwirkt er seine Ansprüche.

Was bedeutet das für Arbeitnehmer im Minijob?

Viele Minijobber glauben, bei fehlender Vereinbarung automatisch auf eine 20-Stunden-Woche pochen zu können. Doch das funktioniert nur, wenn sie auch tatsächlich in der Lage sind, diese Stunden zu leisten – und wenn das Arbeitsverhältnis keine äußeren Beschränkungen mit sich bringt.

Im genannten Fall war das nicht gegeben. Der Hauptjob blockierte bereits einen Großteil der zulässigen Wochenarbeitszeit. Damit bestand keine reale Möglichkeit, den Minijob im Umfang von 20 Stunden zu erfüllen – folglich auch kein Anspruch auf Lohn für diese Stunden.

Risiken für Arbeitgeber: Wenn Verträge zu vage bleiben

Nicht nur für Arbeitnehmer, auch für Arbeitgeber birgt das Urteil wichtige Erkenntnisse.
Viele Unternehmen – besonders in Gastronomie oder Einzelhandel – arbeiten mit flexiblen Abrufverträgen, oft ohne klare schriftliche Festlegung der Wochenarbeitszeit. Doch genau das kann zum Problem werden.Wird ein solcher Minijob beendet, könnten ehemalige Mitarbeiter rückwirkend Verzugslohn für nicht geleistete Stunden fordern – mit Verweis auf § 12 TzBfG. Selbst wenn diese Forderungen unberechtigt sind, bedeutet das Zeit, Nerven und mitunter ein langwieriges Verfahren.

Klare Regeln verhindern kostspielige Konflikte

Was ist also zu tun?

Arbeitgeber sollten darauf achten, alle Minijob-Verträge sauber zu formulieren. Dazu gehört insbesondere die wöchentliche Arbeitszeit – selbst wenn Flexibilität gewünscht ist. Denn nur so lässt sich später nachvollziehen, was tatsächlich vereinbart war.Auch Arbeitnehmer sollten bei der Aufnahme eines Nebenjobs darauf achten, dass sie die gesetzlich zulässige Wochenarbeitszeit nicht überschreiten. Wer mehrere Jobs gleichzeitig hat, muss selbst mitrechnen – und sich notfalls beraten lassen.

Fazit: Ein Urteil mit Signalwirkung

Das Urteil des LAG Berlin-Brandenburg ist mehr als eine Einzelfallentscheidung. Es macht deutlich:
Ohne klare Regelungen verliert man schnell den Anspruch auf Bezahlung – und zwar auf beiden Seiten.
Gerade Minijobs, die oft informell begonnen werden, brauchen eine saubere vertragliche Basis. Nur so lassen sich spätere Streitigkeiten und teure Verfahren vermeiden.

Rechtliche Hilfe bei Minijob-Verträgen

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  • der Prüfung und Anpassung von Arbeitsverträgen
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FAQ – Minijob, Arbeitszeit und Verzugslohn

Was bedeutet „Verzugslohn“ konkret?

Das ist Lohn, den der Arbeitgeber zahlen muss, obwohl keine Arbeitsleistung erbracht wurde – zum Beispiel, weil er den Arbeitnehmer nicht einsetzt. Voraussetzung: Der Arbeitnehmer war arbeitsbereit und leistungsfähig.

Gilt bei fehlender Arbeitszeitregelung automatisch eine 20-Stunden-Woche?

Ja, nach § 12 TzBfG kann bei fehlender Vereinbarung eine 20-Stunden-Woche angenommen werden. Aber: Nur, wenn der Arbeitnehmer tatsächlich in der Lage gewesen wäre, diese Stunden zu leisten.

Was passiert, wenn ich durch zwei Jobs die 48-Stunden-Grenze überschreite?

Dann riskieren Sie Ihre Leistungsfähigkeit im rechtlichen Sinne – und verlieren möglicherweise Ansprüche wie den Verzugslohn.

Wie kann ich mich als Arbeitgeber absichern?

Durch klar definierte Arbeitszeiten im Vertrag – auch bei flexiblen Modellen. Regelmäßige Prüfung bestehender Minijob-Verträge ist ebenfalls ratsam.