Leben Sie als deutsche Staatsangehörige in Polen oder Tschechien? Hat Ihr Ehepartner eine andere Staatsangehörigkeit und lebt in einem dieser Staaten? Oder leben Sie mit einer ausländischen Staatsangehörigkeit in Deutschland? Dann weist Ihre Ehe einen Auslandsbezug auf. Binationale Ehen, also Ehen zwischen Personen unterschiedlicher Staatsangehörigkeiten, sind insbesondere in den angrenzenden Regionen wie Polen oder Tschechien weit verbreitet.
Doch kommt es zu einer Scheidung, müssen Sie sich vielen familienrechtlichen Fragen mit internationalem Bezug stellen: Welches Recht findet Anwendung, wenn Ehepartner unterschiedlicher Staatsangehörigkeiten sind oder im Ausland geheiratet haben, aber eine Scheidung in Deutschland anstreben? Wie kann die rechtsverbindliche Anerkennung einer ausländischen Scheidung in Deutschland erreicht werden?
Rechtliche Herausforderungen bei internationalen Scheidungen
Die Scheidung einer Ehe mit Auslandsbezug ist aufgrund der Komplexität des internationalen Privatrechts und der jeweiligen nationalen Rechtsordnungen oft eine große Herausforderung. Es müssen wichtige Fragen zur Zuständigkeit der Gerichte, zum anwendbaren Recht und zur Anerkennung von Scheidungsurteilen geklärt werden. Dabei spielen sowohl europäische Verordnungen als auch bilaterale Abkommen und nationale Gesetze eine Rolle. Eine frühzeitige und umfassende rechtliche Beratung ist unerlässlich, um Ihre Interessen zu schützen und unnötige Komplikationen zu vermeiden.
Internationale Scheidung in Deutschland: Zuständigkeit und anwendbares Recht
Auch wenn Sie in Deutschland leben, kann eine Scheidung mit Auslandsbezug weitreichende Konsequenzen haben. Deutsche Familiengerichte können unter bestimmten Umständen zuständig sein, auch wenn die Ehe im Ausland geschlossen wurde oder ein Ehepartner eine ausländische Staatsangehörigkeit besitzt. Das anwendbare Recht richtet sich nach komplexen Regeln des Internationalen Privatrechts (IPR) sowie der sogenannten Rom III-Verordnung (EU-Verordnung Nr. 1259/2010), welche die Rechtswahl im Scheidungsrecht für beteiligte EU-Staaten regelt. Es ist entscheidend zu wissen, ob deutsches, polnisches, tschechisches oder ein anderes ausländisches Recht zur Anwendung kommt, da dies erhebliche Auswirkungen auf die Scheidungsfolgen wie Unterhalt, Zugewinnausgleich oder Sorgerecht haben kann.
Scheidung mit Polenbezug
Bei Scheidungen mit Polenbezug sind die besonderen Regelungen des polnischen Familienrechts sowie die deutsch-polnischen Rechtsbeziehungen zu beachten. Nach polnischem Recht ist für eine Scheidung ein Verschulden des Ehepartners festzustellen, es sei denn, beide Parteien sind sich über die Scheidung einig und haben keine gemeinsamen Kinder, oder das Verschulden spielt keine Rolle. Die Anerkennung polnischer Scheidungsurteile in Deutschland erfolgt in der Regel reibungslos, sofern bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Unsere Kanzlei berät Sie detailliert zu den spezifischen Anforderungen und dem Ablauf einer Scheidung mit polnischem Bezug.
Scheidung mit Tschechienbezug
Auch bei Scheidungen mit Tschechienbezug sind die Besonderheiten des tschechischen Familienrechts zu berücksichtigen. Das tschechische Scheidungsrecht ermöglicht sowohl eine einvernehmliche Scheidung als auch eine streitige Scheidung. Bei einer einvernehmlichen Scheidung müssen die Ehepartner einen Scheidungsfolgenvertrag vorlegen. Eine besondere Situation ergibt sich bei kirchlichen Ehen, die in Tschechien als „Konkordatsehe“ anerkannt sind. Obwohl die kirchliche Heirat gültig ist, sind für die Scheidung dieser Ehen die staatlichen Gerichte und das staatliche Scheidungsrecht zuständig. Wir unterstützen Sie bei allen Fragen rund um Ihre Scheidung mit tschechischem Bezug.
Zuständigkeit der Gerichte bei internationalen Scheidungen
Die Frage, welches Gericht für Ihre Scheidung zuständig ist, ist von entscheidender Bedeutung und kann sich nach den Vorschriften der Europäischen Union oder dem deutschen Recht richten. Gemäß der Brüssel IIb-Verordnung sind deutsche Gerichte zuständig, wenn beispielsweise Deutschland der gewöhnliche Aufenthalt beider Ehegatten ist, oder der letzte gewöhnliche Aufenthalt, sofern ein Ehegatte noch dort lebt. Auch die gemeinsame Staatsangehörigkeit oder der gewöhnliche Aufenthalt des Antragstellers können die Zuständigkeit deutscher Gerichte begründen. Bei Scheidungen von Ausländern, die in Deutschland leben, kann die Zuständigkeit ebenfalls bei deutschen Gerichten liegen. Im Falle von zwei parallelen Verfahren wird das Gericht, bei dem der Antrag zuerst eingegangen ist, in der Regel das Verfahren fortsetzen.